Samstag, 02. Januar 2010

5. Januar 2010 – Tag 58 – Egalité Liberté Fraternité

Es war nur eine kurze Strecke bis zur nächsten Station der Reise. Mit dem brüllenden Bären im Rücken verließ ich rasch Hessen, und erreichte am anderen Ufer des Rheines Rheinland-Pfalz. Als Provinzfranke des Flächenstaates Bayern, hatte ich nicht damit gerechnet schon wieder das Bundesland zu wechseln. Die Reise aus Lippertsgrün zum Landtag in Bayern dauerte mehrere Wochen, und selbst auf direktem Weg beträgt die Entfernung ca. 290 km. Wie es der Zufall so wollte war ich jetzt in der Landeshauptstadt Mainz gelandet. Die Landtagsabgeordneten können mit einem Blick aus dem Fenster Richtung Norden sogar den Kollegen aus Hessen zuwinken. Diese sitzen nämlich in Wiesbaden, das weniger als 14 km entfernt liegt. Das ganze kam mir sehr seltsam vor. Sicher ist der Grund für diese hohe Zahl von Landesregierungen auf kleinstem Raum, dass die Ministerpräsidenten zu Ihren Sitzungen im Bundesrat Fahrgemeinschaften bilden können. Somit ersparen sie dem Steuerzahler riesige Summen. Ein Vorteil geschichtlicher Entwicklungen… Aber Mainz ist nicht nur Hauptstadt, sondern auch Hochburg! Ja genau – eine Hochburg des Karneval in Deutschland. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen! In den verschiedensten Geschäften und bei Passanten fragte ich mich Stück für Stück durch, um an Informationen über die Geschichte des Karneval zu kommen. Da die „Määnzer“ mit Leib und Seele diesen Brauch ausleben, konnten mir auch sehr viele Leute nützliche Infos geben. Über 70 Vereine stehen im Zeichen der Mainzer Fastnacht, die ihre Wurzeln im 13. Jahrhundert hat. Es entwickelte aus einem unorganisierten Volksfest zu einem Ereignis, dass später selbst am Hofe des Kurfürsten gefeiert wurde. Im 17. Jahrhundert beispielsweise, wurden die Rollen am Hof durch Losverfahren neu verteilt. Die Ersten Machtübernahmen der Narren haben in diesem Brauch, „Mainzer Königreich“ genannt, vermutlich ihren Ursprung. Erst 1775 setzte der letzte Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal diesem Treiben ein Ende – die Maskenbälle jedoch gingen in Gesellschaft der Oberschicht des Volkes weiter. Ausgangspunkt der modernen Mainzer Fastnacht war zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Erstarken des Bürgertums. Die Suche nach neuen Formen gesellschaftlicher Zusammenkunft lenkte die Blicke nach Köln, wo 1823 eine Reform der Fastnacht stattgefunden hatte. Neu war das Abhalten von Sitzungen und ein Rosenmontagsumzug. Die Mainzer griffen diese Idee auf und 1837 kam es dann zum „Krähwinkler Landsturm“ – der als erster Umzug in Mainz abgehalten wurde. Am 26. Februar 1838 wurde der erste „Fastnachtmontagszug“ durchgeführt, dessen Grundzüge bis heute weitestgehend erhalten sind. Politisiert wurde die Fastnacht erst einige Jahre später. Beispielsweise findet die Narrenzahl 11 auch hier ihren Ursprung. Die Stadt wurde regelmäßig französisch besetzt. Die Besatzer trugen auf ihren Mützen den Leitspruch der französischen Revolution – Egalité, Liberté, Fraternité – E.L.F. Die Narren machten daraus die Zahl 11, die einige Garden bis heute auf Ihren Mützen tragen.

Echt erstaunlich was die Geschichte alles hervor gebracht hat….

Bei meinem Bummel durch die Stadt traf ich auch auf Horst Crössmann, den Vorsitzenden des Bezirkes Mainz/Rheinhessen. Er zeigte mir die Innenstadt bei einer kleinen Privatführung,  und schilderte viele weitere spannende Aspekte über die laufende Karnevalssession und die Geschichte der Stadt. Nach einem kurzen Fotoshooting am Platz vor dem Staatstheater musste ich auch leider schon Abschied nehmen.In Rheinland-Pfalz gibt es noch einen Ort, der auf meiner Route nicht fehlen darf. Könnt ihr Euch denken welchen?

Viele liebe Grüße

Eure Stadtkasse der Stadt Naila